Eine Frage von Krieg und Frieden
Liebe Leserin, lieber Leser!
Als hätten wir mit Corona nicht schon genug zu tun – so fragen Menschen landauf, landab: „Wird es zu Krieg kommen in Europa?“
Wie schnell sich, zum Teil unbemerkt von denen, die nicht direkt beteiligt sind, so eine Situation zuspitzen kann, denke ich.
Während ich diese Zeilen schreibe, wird Bundeskanzler Scholz gerade von Präsident Putin in Moskau zu Gesprächen empfangen. Es ist Mittwoch, der 15. Februar 2022. Der Tag, über den in den Zeitungen zu lesen war „Die USA fürchten einen russischen Angriff auf die Ukraine am Mittwoch“.
Wenn Sie diese Zeilen lesen, konnte diese akute Kriegsgefahr – so hoffen wir sehr – abgewendet und ein Weg zur Erarbeitung eines neuen Vertrags über die Sicherheit und die Zusammenarbeit in Europa (VSZE) eingeschlagen worden sein. Wir hoffen dies über Grenzen der Konfession, der Länder, der Religionen hinweg. Wir hoffen dies als Menschen, Bewohnerinnen und Bewohnern Europas gemeinsam. Und die, die dies vermögen, die beten auch dafür.
„Die Unordnung der Welt und Gottes Heilsplan“ – so hieß das Motto der 1. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK)* 1948 in Amsterdam. Es beschreibt ziemlich gut auch die Situation, in der wir uns zurzeit befinden. Von diesem Treffen ging dann das gemeinsame Bekenntnis aus: „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“
Anfang September dieses Jahres wird nun die 11. Vollversammlung des ÖRK in Karlsruhe stattfinden – erstmals in Deutschland. Sie wird unter dem Motto stehen: „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“.
Diese Botschaft ist so nötig in dieser zugespitzten Situation – und auch so wahr.
Lassen wir uns – egal welcher Kirchengemeinschaft wir uns zugehörig fühlen, egal ob wir uns als Christ, als Christin bezeichnen oder nicht – lassen wir uns bewegen. Gehen wir durch die Art, wie wir reden und handeln den Weg der Versöhnung. Beginnen wir, uns als eine Menschheit zu verstehen, im Wissen darum, dass es nicht nur eine Sicht der Dinge, nicht nur eine Wahrheit gibt. Gehen wir den Weg der Gerechtigkeit und des Friedens, und das bedeutet: den Weg des Dialogs unter Anwendung gewaltfreier Kommunikation. Stehen wir der Lüge entgegen. Und sagen wir es laut, überall, wo es nötig ist: „Krieg soll nach Gottes Willen nicht sein.“
Ihr Cord-Michael Thamm
Pastor in der Thomasgemeinde und Friedensbeauftragter des ev.-luth. Kirchenkreises Osnabrück
* Neben anderen ist auch die orthodoxe Kirche von Griechenland Gründungsmitglied, die meisten evangelischen Landeskirchen sind seit 1950 Mitgliedskirchen, die Russische Orthodoxe Kirche seit 1961, die vereinigte Orthodoxe Kirche der Ukraine ist erst seit dem 6. Januar 2019 per Tomos (Dekret) des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel Bartholomäus I. legitimiert und von der orthodoxen Kirche von Griechenland sowie vom griechisch-orthodoxen Patriachat von Alexandria und von ganz Afrika anerkannt, allerdings nicht anerkannt von der Russischen Orthodoxen Kirche und bisher auch noch nicht Mitglied im ÖRK. Die röm.-kath. Kirche genießt Gaststatus.
Weiteres zur 11. Vollversammlung des ÖRK in Karlsruhe und dessen Mitgliedskirchen finden Sie hier: www.oikoumene.org