Liebe Gemeinde am Heiligen Abend!
Es waren die Frauenstimmen, die es uns eben gesungen haben:
„Gott hat den Hirten, den einfachen Leuten, die Botschaft von Frieden und Liebe gebracht.“
Ja, das genau ist der Kern von Weihnachten: „Die Botschaft von Frieden und Liebe!“
Doch wie kann Friede sich ausbreiten? Wie die Liebe empfangen und weitergegeben werden?
Von diesem großen Friedensprojekt Gottes hören wir in einer eher nüchternen Sprache in der Weihnachtsgeschichte nach Paulus. Ja, die gibt es auch! Sie findet sich im Brief des Apostels an die Christinnen und Christen in Galatien, einer Region im Gebiet der heutigen Türkei:
„Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz getan, auf dass er die, die unter dem Gesetz waren, loskaufte, damit wir die Kindschaft empfingen. Weil ihr nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater!
So bist du nun nicht mehr Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.“
Paulus berichtet hier schlicht und ergreifend von einer Familiengründung. Da geht es um viel mehr als nur um Mutter, Vater, Kind – Maria, Josef und das Christkind! Paulus beschreibt Weihnachten als den Beginn eines riesigen Friedensprojekts, als den Beginn einer weltumspannenden Familie. Zu ihr gehören alle, die Gott ihren Vater nennen, Abba, so wie Jesus Christus selbst es getan hat. So sagt er es. Und er ist sehr überzeugt davon!
Weihnachten ist der Beginn eines göttlichen Friedensplans! Immer noch ist es eine ungeheuerliche Botschaft, dass jeder einzelne Mensch ein geliebtes Kind Gottes ist, ob Mann, Frau oder nicht binär. Ob Russe oder Ukrainer. Ob Palästinenser oder Israeli.
Allerdings: Dies ist kein Naturgesetz. Es ist nicht jedem Menschen von vornherein klar und deutlich. Es muss dem Menschen gesagt werden:
D u b i s t e i n g e l i e b t e s K i n d G o t t e s.
Ist es erst einmal voller Überzeugung und in Liebe und Zuwendung gesagt, muss es natürlich auch gehört, für wahr gehalten und angenommen werden. Im besten Fall wird es auch im konkreten Miteinander gespürt und erlebt! Und diese Erkenntnis muss gepflegt werden, dass sie Wurzeln in einem Menschen schlagen kann. Oft ist dies ein langer, manchmal ein lebens-langer Prozess.
Hier in der Dodesheide beginnen wir diesen Weg sehr bewusst in unseren Krippen und Kitas und setzen ihn konsequent bei den Schulgottesdiensten und im KU 4 fort: Ich sage allen, die die Andacht mitfeiern, die mit dabei sind, genau dies:
D u b i s t e i n g e l i e b t e s K i n d G o t t e s.
In der Gemeinschaft spüren sie, dass dies wirklich wahr ist. Dass sie gemeint sind. Und das verändert alles.
Es kann gut sein, dass in den Krippen, Kitas und in der religiösen Unterweisung in der Ukraine, in Russland, in Israel und im Gaza-Streifen diese Botschaft eher selten an die Kinder, die neue Generation weitergegeben wurde und wird und so dieser Samen des Friedensplans Gottes gar nicht erst ausgesät, geschweige denn auf Land gefallen ist, um Wurzeln zu schlagen und zu wachsen.
Aber genau das braucht es.
Es ist an der Zeit, den Wandel zu säen. Die weihnachtliche Botschaft Gottes muss in der Welt vermehrt weitergesagt werden. Der göttliche Friedensplan muss bekannt gemacht und bekannt gehalten werden.
Es passt gut, dass die diesjährige 65. Aktion von „Brot für die Welt“ sich genau dieses Motto gewählt hat: „Den Wandel säen“.
Auch wenn es uns zurzeit unmöglich erscheint! Jetzt, genau jetzt, ist die Zeit, die Bemühungen zu verstärken und es den Menschen zu sagen, egal ob in der Krippe, hier in der Christvesper oder am Arbeitsplatz:
D u b i s t e i n g e l i e b t e s K i n d G o t t e s.
Und das bedeutet, dass Du mich und auch deine andere Arbeitskollegin ebenfalls als Kind Gottes sehen und ihr entsprechend zuvorkommend begegnen kannst. Wir sind eben eine Familie!
Weihnachten ist also das Fest, an dem wir uns neu bewusst machen, dass wir zu einer Familie gehören: Der Familie Gottes. Gott will seine Menschen als Familie im besten Sinne: Fürsorglich, hilfreich, warmherzig und mit einem Herzen, das für andere schlägt. Darum hat er „den Geist seines Sohnes gesandt in unsere Herzen“.
Würden wir uns als Geschwister verstehen und in diesem Geist der Liebe und des Friedens handeln, dann würden wir den russisch sprechenden wie auch den sich als Ukrainer empfindenden Menschen gleichermaßen zuvorkommen und ihnen ein Recht auf Selbstbestimmung und auf Selbstenfaltung zugestehen. Wir würden den Israelis ihren Staat zugestehen, in dem sie in gutem, sicherem Gefühlt leben können und auch den Palästinensern ihren Staat zugestehen, in dem sie ihre Gesellschaft entwickeln können.
Das hört sich wie eine Utopie an?
Wir fragen, wer das durchsetzen und erreichen kann?
Nun ja, die Männer hatten uns eine ähnliche Frage gesungen:
„Wo ist sein Hofstaat, und wo sein Gefolge? Wo bleibt sein Zepter als Zeichen der Macht?“
Die Antwort von Weihnachten ist überraschend: Es ist ein kleines Kind, geboren von einer jungen Frau aus einfachen Verhältnissen, auf dem die Hoffnung der Welt liegt und gleichzeitig ist genau er, Jesus Christus, auch der Garant dafür, dass der göttliche Friedensplan sich still, aber stetig in der Welt verwirklicht. J E S U S. Der Name bedeutet: „Jahwe, Gott selbst, rettet!“
„Liebt eure Feinde. Tut wohl denen, die euch hassen! Segnet, die euch verfluchen, bittet für die, die euch beleidigen… und ihr werdet Kinder des Allerhöchsten sein.“ (Lk 6,27f) Das sagt Jesus als erwachsener Mann.
Wieder werden wir als Kinder des himmlischen Vaters angesprochen: Wir kleine Menschen werden groß durch die Macht der Liebe! Sie macht uns zu Gottes Kindern! Wir dürfen ihm vertrauen und ihn „Abba“ nennen. Wir sind quasi auf „Du“ mit dem Schöpfer der Welt.
Das gilt uns allen – nicht nur den Schönen, Reichen und Erfolgreichen, diesen 10 Prozent Menschen, die 85 Prozent des Weltvermögens besitzen. Ich wünsche mir von Herzen: Mögen auch sie zu guten Geschwistern werden und das Teilen erlernen und den Kompromiss! Auch sie sollen wissen: Du bist ein Kind Gottes! Und ich. Auch die nervige Nachbarin, auch der geflüchtete unbegleitete Jugendliche aus Syrien und sogar der unfaire Vorgesetzte.
Weihnachten ist das Fest der Liebe, einer mächtigen Liebe, die die Welt verwandeln kann und verwandeln wird. Das erkennen wir, wenn wir auf dieses Kind in der Krippe blicken:
Durch dieses Kind gehören auch wir zur Familie Gottes und gehen nicht allein durchs Leben. An unserer Seite sind Schwestern und Brüder, die mit uns unterwegs sind. Und immer dabei: Unser inzwischen „großer Bruder“ Jesus Christus, von Gott gesandt in unsere Herzen. Ich vertraue darauf, dass er den Weg zu uns findet. Lasst uns also unsere Herzen öffnen und mit ihm an diesem Heiligen Abend in diese Zukunft blicken, in der er, Gott selbst, seinen Friedensplan still und leise vorantreibt. Gemeinsam mit uns, seinen geliebten Kindern!
Amen